Studium ist nicht Schule!

Studienanfänger machen oft den Fehler, dass sie meinen, im Studium geht es genauso weiter wie in der Schule, nur in größeren Räumen. Während die meisten Lehrer an den Gymnasien noch versuchen, ihre Schülerinnen und Schüler halbwegs erfolgreich zum Abitur zu bringen, dabei die messbare Leistung im Blick haben und das mitunter schlechte Benehmen schimpfend ertragen, interessiert sich im Studienalltag kaum einer dafür, was aus den unmotivierten Studierenden letztendlich wird. Entscheidend sind hier ausschließlich die Leistungsnachweise und bestandenen Prüfungen. Interesse und hohe Motivation werden als selbstverständlich vorausgesetzt. Diejenigen, denen es an Engagement, Ernsthaftigkeit und Fleiß mangelt, fallen früher oder später unweigerlich durchs akademische Raster.

Dozenten sind auch nur Menschen

Allerdings Menschen ohne pädagogisches Helfersyndrom. Darin unterscheiden sich Hochschullehrer von den meisten anderen Lehrern. Sie müssen nicht permanent neue pädagogische Konzepte aus dem Hut zaubern, um Jugendliche zum Lernen und Zuhören zu bewegen. Die meisten von ihnen wollen mit pubertärem Fehlverhalten nichts zu tun haben und sehen darin einen Angriff auf die Ernsthaftigkeit der wissenschaftlichen Lehre. Ein Dozent, der anspruchsvolle wissenschaftliche Zusammenhänge erläutert, kann sehr ungehalten werden, wenn er bemerkt, dass währenddessen munter getuschelt und gechattet wird. Sagen wird er möglicherweise nichts dazu, aber das dicke rote Minus für die Übeltäter ist bereits in seinem Gedächtnis eingraviert.

Während Schüler gerne so lange die Nerven der Lehrer strapazieren, bis diesen der Kragen platzt und selbst dann keine gravierenden Folgen zu befürchten sind, gelten im Hörsaal meist andere Spielregeln. Hier wird selten getadelt und gemeckert, aber viel bemerkt und registriert. Das Ergebnis schlägt sich dann ganz unerwartet in der Notengebung nieder. Oder die dringend benötigte fachliche Unterstützung, das gewünschte Empfehlungsschreiben für ein Stipendium oder einfach nur der Wunsch nach einem Sprechtermin oder einem Noteneintrag werden dann plötzlich schwieriger, als gedacht.

Den Studienanfängern ist dieser Unterschied zwischen Schule und Studium oft gar nicht bewusst. Aus schulischer Routine und Unerfahrenheit heraus unterlaufen ihnen oft Fehler, die sie gar nicht als solche erkennen oder ihre Tragweite gar nicht abschätzen können. Es muss ja nicht immer böse Absicht dahinterstecken. Häufig ist es einfach das gleiche Verhalten, mit dem sie problemlos durch die Schulzeit kamen.

Von der Schule direkt an die Uni

Schon immer war der Übergang von der Schulzeit zum Studium mit vielen Fragezeichen verbunden. Die Schulzeit war nach zwölf oder dreizehn Jahren endlich erfolgreich beendet, aber man hatte gar keine konkrete Vorstellung davon, was einen im Studium erwartet. Für Schüler ist das Studium nicht selten ein Mysterium, um das sich viele Erzählungen (meist der Eltern oder Großeltern) und Phantasievorstellungen ranken. Den Hochschulalltag meint man aus Filmen und Büchern zu kennen. Jeder macht sich im Vorfeld sein eigenes Bild von der zukünftigen Studienzeit. Während andere Übergänge im bisherigen Leben sorgfältig vorbereitet und geplant waren, der Übertritt vom Kindergarten in die Grundschule und von der Grundschule auf die weiterführende Schule, unterscheidet sich der Weg von der Schule ins Studium schon dadurch, dass er nicht pädagogisch begleitet wird und nicht schon Monate vorher Kennlernfrühstücke und gemeinsame Grillabende mit Eltern stattfinden. Plötzlich ist man für den weiteren Weg alleine verantwortlich und muss ganz alleine wichtige Entscheidungen treffen. Man ist dann eben „groß“.

In den letzten Jahren sind durch Informationsveranstaltungen für Schüler an den Hochschulen (z.B. Hochschulinformationstag) und Kooperationen in einzelnen Fächern für leistungsstarke Schüler einige Austauschmöglichkeiten zwischen Schulen und Hochschulen geschaffen worden. Auch berufsorientierende Maßnahmen in den Oberstufen binden zunehmend auch die regionalen Universitäten und Hochschulen mit ein. Dadurch wird für heutige Abiturienten das Studium deutlich transparenter, als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Das Internet bietet unzählige Informationsquellen zum Thema Studium und die Webseiten der Hochschulen enthalten alle wichtigen und entscheidungsrelevanten Informationen: Inhalte, Zugangsvoraussetzungen, Prüfungsleistungen, Karrierechancen etc.

So gesehen müssten die heutigen Studienanfänger also bestens vorbereitet sein. Sie kennen die Prüfungsordnungen, die Modulpläne, die Namen der Lehrpersonen und die Forschungsschwerpunkte. Alles durchaus wichtige Dinge. Nur das Naheliegende und zugleich Elementarste erklärt ihnen niemand und es steht auch auf keiner Studienwebsite: Das richtige Verhalten im Studienbetrieb!

Fachliche Kompetenz ist zweifellos entscheidend für den Studienerfolg. Aber die sozialen Kompetenzen und der Umgang im Studium sollte niemals unterschätzt werden. Die Gefahr, mit schlechtem Benehmen, Unzuverlässigkeit und Gedankenlosigkeit den Studienerfolg zu gefährden, ist extrem groß.

Vielleicht erscheint euch das in den folgenden Kapiteln beschriebene Verhalten übertrieben. Die dargestellten Probleme und Situationen sind jedoch alle so oder ähnlich in meinen Lehrveranstaltungen oder in denen befreundeter Kollegen in verschiedenen deutschen Hochschulen und Universitäten vorgekommen. Aus Datenschutzgründen sind die Namen gekürzt oder verändert, die Aussagen jedoch wörtlich übernommen.

In diesem Blog möchte ich euch durch die Brille des Dozenten auf mögliche Fehler aufmerksam machen:

  • Wie kommuniziere ich richtig mit Dozenten?
  • Wie verhalte ich mich in Lehrveranstaltungen?
  • Do’s and don’ts an der Uni
  • und vieles mehr!