Noch immer entscheiden sich deutlich weniger Mädchen als Jungen für Informatik, Technik und Naturwissenschaften – und das hat Folgen bis weit in Studium, Beruf und Führungspositionen hinein. Der Frauenanteil unter den Studienanfänger:innen in Informatik lag 2023/24 bei lediglich 23 Prozent. Zwar ist der Anteil von Frauen an allen MINT-Studienanfänger:innen in den letzten 20 Jahren von 26,6 Prozent auf 34,6 Prozent gestiegen, doch von einer ausgewogenen Verteilung sind wir weit entfernt. In der Arbeitswelt setzt sich dieses Muster fort: Nur knapp 18 Prozent der Beschäftigten in Informatikberufen sind Frauen. Besonders deutlich zeigt sich die Schieflage im Bereich Künstliche Intelligenz: Weltweit beträgt der Anteil von Frauen unter KI-Fachkräften rund 22 Prozent, in Führungspositionen sinkt er sogar auf unter 14 Prozent.

Diese Zahlen verdeutlichen eine „Leaky Pipeline“: Mit jedem Schritt – von der Schule über die Hochschule bis in die berufliche Karriere – verlieren wir Frauen in MINT und speziell in der Informatik. Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele Mädchen unterschätzen ihre eigenen Fähigkeiten und halten Informatik für ein „männliches Fach“. Häufig fehlen weibliche Vorbilder, die zeigen, wie ein Berufsweg in diesem Bereich aussehen kann. Stereotype Bilder vom „Computer-Nerd“ schrecken zusätzlich ab, und wer als einzige Frau im Kurs oder im Team sitzt, fühlt sich leicht isoliert. All das führt dazu, dass viele junge Frauen den Einstieg meiden oder frühzeitig abbrechen.

Gerade im Feld der Künstlichen Intelligenz ist es jedoch entscheidend, dass weibliche Perspektiven stärker vertreten sind. KI beeinflusst heute schon zahlreiche Lebensbereiche – von medizinischen Diagnosen über Mobilität bis hin zu Entscheidungsprozessen im Arbeitsleben. Wenn die Systeme fast ausschließlich von Männern entwickelt werden, besteht die Gefahr, dass wichtige Perspektiven fehlen und bestehende Ungleichheiten verfestigt werden. Diversität verbessert nicht nur Fairness und Inklusion, sondern nachweislich auch Kreativität und Innovationskraft von Teams.

Um mehr Mädchen und Frauen für Informatik und KI zu gewinnen, braucht es Mut und Unterstützung. Schulen sollten ihre Angebote inklusiver gestalten und Mädchen aktiv ermutigen, Informatik zu wählen. Weibliche Vorbilder müssen sichtbarer werden – in den Klassenzimmern, an Hochschulen und in Unternehmen. Bildungspolitik kann durch verbindliche informatische Grundbildung und gezielte Förderprogramme wichtige Weichen stellen. Und nicht zuletzt müssen Unternehmen Vielfalt in Teams und Führungspositionen als echten Wettbewerbsvorteil verstehen und leben.

Während Frauen in Bereichen wie Kommunikation, Verwaltung oder Kundendienst überproportional gefährdet sind, wenn KI Arbeitsvorgänge automatisiert, sind sie in der Entwicklung und Gestaltung von KI kaum eingebunden. Aktuelle Studien zeigen: Nur etwa 20,3 % der Entwickler:innen in Europa sind weiblich und bei GenAI‐Weiterbildungen liegt der weltweite Frauenanteil bei rund 27 %. Gleichzeitig verdeutlicht ein Blick auf KI-generierte Bilder: In 99 % der Fälle wird die Führungskraft als Mann visualisiert – ein Symbol für tief verwurzelte Stereotype. Wenn Führung heute neu gedacht werden muss, dann geht es nicht nur um technische Fähigkeiten, sondern auch um ethisches Bewusstsein, strategisches Denken und eine inklusive Kultur, die Frauen nicht nur zulässt, sondern aktiv fordert und fördert.


Die Welt der Informatik und Künstlichen Intelligenz ist zu wichtig, um sie nur einer Hälfte der Gesellschaft zu überlassen. Wenn wir mehr Mädchen und Frauen in MINT gewinnen, profitieren wir alle – durch gerechtere Technologien, vielfältigere Innovationen und eine Gesellschaft, die die Potenziale aller nutzt.

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